Ja, auch ich bin Freiberufler. Alles, wovon ich lebe, findet nicht mehr statt: Kreuzfahrten, Vorträge, Events und Bundesliga. Sie waren die ersten, die ausfielen und sie werden vermutlich die letzten sein, die zurückkehren ins Leben. Beim Fußball muss die Null stehen, bei mir steht sie. In rot, nicht in schwarz.
Wenn ich diese Situation noch mit „Informationen“ aus BILD und FOCUS online anreichern würde, dann hätte auch meine Frohnatur-DNA die ersten Risse. Das ist noch nicht so. Und es wird nicht passieren. Denn ich habe früh alle Medien verbannt, denen es nicht um Informationen, sondern um Traffic geht. Reißerische Schlagzeilen, die uns zu den nächsten Klicks führen sollen. Das fand‘ ich immer schon mies, nun aber noch mieser.
Die Tagesschau in 100 Sekunden – das reicht
Mein Medien-Konsum in Sachen Corona beschränkt sich auf den Clip „Die Tagesschau in 100 Sekunden“. Einmal am Abend, nicht direkt vor dem Schlafengehen. Aber so als Tageszusammenfassung. Ich will auch nicht die Virologen-Vielfalt hören. Ob es in Hessen oder Galizien mehr Risiko-Tote gibt – was bringen uns diese News? Darf ich ohne Maske raus, hat der Frisör wieder auf, bevor ich aussehe wie Ozzy Osbourne und wie habe ich mich, auch gegenüber meinen Mitmenschen, zu verhalten. Eventuell wo und wie gibt es Zuschüsse. Wenn es ganz eng wird. Das reicht mir. Wird das Leben wieder gelockert, bekomme ich das schon mit.
Die Welt steht auf „reset“. Irgendeiner hat diesen Knopf gedrückt. Für den ganzen Globus. Die Gläubigen kennen die Instanz. So kurz vor Ostern erst recht. Die Verschwörer vermuten eine andere Macht. Die ihnen vielleicht irgendwann auch eine Einzugsermächtigung schicken wird. Sie wollen ja schließlich auch leben. Dann gibt es noch die Excel-lenten. Die glauben nur an Tabellen und Zahlen.
Charakter zeigt sich in der Krise
Ich glaube keinem von denen. Hier bei mir zuhause. Nehmen wir es mal so hin. So ist es nun mal. By the way: „Charakter zeigt sich in der Krise“ hat Helmut Schmidt gesagt. Es stimmt. Merkel macht das gut, Donald Trump entpuppt sich auch jetzt als das, was er ist: eine Fehlbesetzung. Die Besonnenen sind jetzt gefragt. Aber auch die Beweger und die Mutmacher, zu denen ich hoffentlich auch gehöre.
Ich bin gerade umgezogen. Habe auch da reset gedrückt, mich von vielen Dingen verabschieden müssen. Schmerzhaft, aber auch ein neues Gefühl von Freiheit. Vernichten von Völlegefühl. Durchatmen. Ich glaube: Die Welt vernichtet gerade das Völlegefühl. Okay, auch das finanzielle. Das ist eine bitterere Nebenwirkung.
Corona ist eine Chance wie eine leergeräumte Wohnung, die neu eingerichtet werden kann
Nun könnte ich mich mit den – auch in Friedenszeiten – Zweiflern umgeben. Menschen, die ausschließlich in Problemen denken. Deren Wirkung hat ähnlich fatale Folgen wie die der oben erwähnten Medien. „Das Problem ist…“ – alle die einen Satz so beginnen, habe ich schon vor Corona von meiner psychischen Payroll verbannt. Ich kann euch nur raten: Lest keine bösen Blätter, und meidet Menschen mit diesem Mindset. Corona ist eine Chance. Wie eine leergeräumte Wohnung, die neu eingerichtet werden kann.
Kreuzfahrt ist ein Großteil meines Einkommens. Die Branche liegt momentan komplett im Trockendock. Ich hoffe, wir können im November wie jedes Jahr den Kreuzfahrt Guide herausbringen. Dann vielleicht mit etwas anderen Themen. Unsere großen Event-Produktionen haben kaum noch eine Handbreit Wasser unter dem Kiel. Wir haben in den letzten Jahren versucht mit „Stars at Sea“ besondere Musik-Festivals auf See zu veranstalten. Das waren einzigartige Erlebnisse, denen wir unseren Geist mitgegeben haben, auch unsere Seele. Und unser Herz. Wer mit uns gefahren ist, der hat das gespürt.
Auch für die Kreuzfahrt gilt reset
Gespürt habe ich auch, dass Reedereien immer gieriger wurden. Schon weit vor der Pandemie. Schiffe wurden immer größer, schwimmende Kleinstädte mit einem immensen Energiebedarf. Und Menschenmassen, die für die Marge wichtig waren. Die so manche Urlaubsdestination zu ersticken drohte. Auch für die Kreuzfahrt gilt: reset.
Ich liebe Schiffe, sie haben mir fremde Kulturen und fremde Menschen näher gebracht. Sie haben mein Gen geweckt, das auch tief in meiner maritimen Familie verankert ist. Schiffe haben die Welt entdeckt, nicht Flugzeuge. Schiffe waren das Vehikel fürs Überleben. Ob als Arche Noah oder als Oceanliner, auf denen viele Menschen vor den Nazis fliehen konnten. Ich werde Schiffe immer lieben.
Gelbe Karte für die Gierigkeit – wenn nicht sogar rot
Aber nicht die Cashcow-Cruiser mit 5.000 Passagieren. Und die zu füllen, wird nach Corona schwer werden, verdammt schwer. Schaut‘ euch nur einmal die Webcam aus dem Hafen von Miami an. Ein fließender Übergang zwischen Skyline und Cruiseships, die dort alle festmachen mussten. Eine kranke Entwicklung.
Was ist mit dem Fußball? Ablösesummen für einen Spieler, die höher sind, als die Kosten für einen Stadionbau? Reset Ronaldo, reset Manchester City, reset PSG. Dasselbe Phänomen wie in der Cruise Industry. Gelbe Karte für die Gierigkeit, bei einigen sogar die rote. Nach dem Virus wird sich auch diese Welt verändern. Ich hoffe, mit der nötigen Demut.
Mit „Bordmitteln“ das Beste daraus machen!
Corona ist die Chance der leergeräumten Wohnung. Oder die eines Wohnmobils, wo jeder Quadratmillimeter kostbar ist. Übrigens: Schon vor Corona habe ich an den großen Trend „Wohnmobile“ geglaubt. Jetzt umso mehr. Mit „Bordmitteln“ das Beste draus zu machen – diese Maxime gilt nicht nur für das Wohnmobil, die Arche Noah auf vier Rädern. Es gilt für uns alle „at home“.
Das Zuhause oder auch das „Home-Office“ ist der Micro-Kosmos, in dem wir eine schier endlose Palette an Tools einsetzen können. Momentan vor allem digitale. Damit meine ich nicht Amazon. Konferenz-Software wie „Zoom“, WhatsApp sowieso als Allrounder, dessen Video-Funktion die Kids ihren Großeltern unbedingt zeigen sollten.
Aber auch Podcast- und Streaming-Tools wie OBS. In diese frei verfügbare Software fürs Live-Streaming habe ich mich in nächtelangen Tutorials eingearbeitet, dabei den YouTuber Niels kenngelernt, der mir mit seinem Know-How so geholfen hat.
„ät HOME“ – die Streaming-Show von zuhause
Und nun sende ich meine eigene Streaming Fernsehshow aus meinem zuhause im Karolinenviertel in Hamburg. Sie heißt „ät HOME“. Meine Kollegen aus der großartigen NDR 2 – Sportredaktion machen mit, Johannes Oerding singt einen Song aus seiner Wohnung für „ät HOME“, Mario Basler ist dabei und viele andere, die ich jetzt erst entdeckt oder vernachlässigt hatte.
Ich mache das ganz alleine. Bin Redakteur, Kameramann, Beleuchter, Regisseur, Maskenbildner achja und: Moderator. Ich hatte mit dem Fernsehen eigentlich abgeschlossen, weil ich absolut keinen Bock mehr hatte, ein Teil vom traditionellen Trutsch-TV zu sein. „ät HOME“ ist so reizvoll und eine große Chance. Auch nach Corona. Dann wird die Show vermutlich anders heißen und auch wieder unterwegs sein. Noch verdiene ich nichts damit und RTL kann auch noch ganz ruhig bleiben. Aber es wird sich entwickeln. Ich spüre das. Die Zeit nehme ich mir fürs „Learning by doing“. Und ich kann bei „ät HOME“ viele andere vorstellen, die auch in Chancen denken. Davon gibt es genug und manche entpuppen sich gerade und nehmen die Krise an. Jeder Einzelne und dann auch noch gemeinsam. Corona als Chance.
Supportet die Show!
Dann habe ich noch ein Tool entdeckt, das „Der Postillion“ nutzt, auch Titanic. Keine schlechten Vorbilder. Das Portal heißt „Steady“. Es besorgt Abonnenten, Supporter, die Medien unterstützen. Nicht BILD oder Focus. Andere Medien. Wie jetzt auch „ät HOME“. Bevor ich windige Waschmittel hochhalte oder eine Kreuzfahrt mit 5.000 Passagieren anbiete, nehme ich doch lieber diesen digitalen Klingelbeutel. Wäre toll, wenn ihr „ät HOME“ dort supportet.
Es gibt die Corona-Chance. Ich möchte euch ermuntern, sie auch zu suchen. Ihr werdet sie finden!